Die Leidenschaft für gebrannten Ton trifft sich 1819 mit der Ahnung eines steigenden Ziegelbedarfs in der Stadt. Alois Miesbach begründet das Unternehmen.

1819
Gründung

Alois Miesbach erkennt als einer der ersten den enormen Baubedarf in Wien. Er erwirbt eine alte staatliche Ziegelei in Wien-Meidling. Zwei Jahre später pachtet er Grundstücke und weitere Ziegelöfen am Wienerberg.

1828 - 1830
Rückwertsintegration, Diversifikation

Miesbach kauft weitere Ziegeleien, Immobilien sowie Landflächen um Wien. Da Holz als Energieträger für das
Ziegelbrennen immer rarer und teurer wird, steigt Miesbach als einer der ersten Unternehmer in den Kohlebergbau ein. Mit hohen Investitionssummen entstehen die ersten Kohlegruben Österreichs, die Dampfmaschinen einsetzen.

1838
Expansion Richtung Osten

Verheerende Überschwemmungen zerstören in Buda und Pest tausende Häuser. Miesbach errichtet die erste Ziegelfabrik Ungarns um den Wiederaufbau zu ermöglichen. Miesbach wird zum größten Ziegelproduzenten der Monarchie.

1844
Das Immobilien-Standbein

Miesbach erwirbt in Wien rund 35 Grundstücke und errichtet darauf Wohnimmobilien.

1846
Logistik-Optimierung

Miesbach pachtet den Wiener Neustädter Kanal zwischen Wien und Wiener Neustadt. Er gewinnt damit die Kontrolle über den damals wichtigsten Transportweg für Kohle, Ton und Fertigprodukte zwischen seinen Produktionsstätten und Wien als größtem Absatzmarkt. Er baut Zweigkanäle und Häfen, um die Logistik zu optimieren.

1857
Von Miesbach bis Drasche

Alois Miesbach verstirbt im 68. Lebensjahr. Alleinerbe ist sein Neffe Heinrich Drasche, der seit 28 Jahren in seinem
Unternehmen arbeitet und zuletzt für einige Ziegeleien sowie den gesamten Bergbau verantwortlich zeichnete.

1859
Bauboom in Wien

Durch die Schleifung des „Glacis“ (Abbruch der alten Wiener Stadtbefestigungen) werden riesige Grundstücksflächen frei. Es entsteht die Wiener Ringstraße als neuer Prachtboulevard. Das löst einen Bauboom aus. Zwischen 1854 und 1860 kann Drasche die Ziegelproduktion auf über 100 Mio Stück per annum fast verdoppeln.

1863
Immobiliengeschäft wächst

Drasche lässt von dem berühmten Architekten Theophil Hansen gegenüber der Wiener Oper den Heinrichhof errichten. Er baut zudem rund 400 Wohnhäuser in den Vorstädten. Weil er Ziegel aus eigener Produktion verwendet, kann er günstiger bauen als seine Mitbewerber.

1864
Technologiesprung durch Ringöfen

Drasche führt die Ringofentechnologie ein, die ein
kontinuierliches Brennen der Ziegel ermöglicht. Dies bedeutet einen um 50 bis 60 Prozent geringeren spezifischen Kohleverbrauch. Da die Trockenräume um den Ofen herum angebracht sind, können die Ziegeleien erstmals auch im Winter arbeiten.

1869
Verkauf von Ziegelein, Börseneinführung

Drasche gründet die „Wienerberger Ziegelfabriks- und Bau-Gesellschaft“. Er überträgt aus seinem riesigen Firmen- Imperium mehrere Ziegel- und Tonwarenfabriken sowie Grundstücke in Wien und Niederösterreich in die neue Aktiengesellschaft. Dieses Unternehmen beschäftigt je nach Konjunktur zwischen 5.000 und 8.000 Arbeiter. Die „Wienerberger-Aktien“ notieren an der Wiener Börse. Drasche – mittlerweile einer der reichsten Männer der Monarchie - bleibt mit rund 21 Prozent des Aktienkapitals Kernaktionär.

1877
Erstmals Rote Zahlen

Auf die Boomjahre folgte die Rezession. Die Ziegelproduktionsmenge sinkt zwischen 1872 und 1877 von über 160 Millionen Stück auf unter 48 Millionen. wienerberger schreibt erstmals rote Zahlen. Ein in guten Jahren befüllter „Reservefonds“ ermöglicht jetzt antizyklische Investitionen für den nächsten Aufschwung.

1880
Die Wienerberger „Tonwarenfabrik“ nach dem Börsengang.
1888
Victor Adler und die Ziegelarbeiter

Der Armenarzt und Gründer der Sozialdemokratischen Partei, Victor Adler, veröffentlicht erschütternde Berichte über die soziale Lage der Ziegelarbeiter am Wienerberg. Er läutete damit ein langsames Umdenken in der Monarchie über die Lage der Arbeiterschaft ein. Nach mehreren Streiks wird 1905 die Ziegelarbeitergewerkschaft zugelassen und 1909 der erste Kollektivvertrag abgeschlossen.

1894
Neuerliche Internationalisierung

Zum 25-Jahr-Bestandsjubiläum der Aktiengesellschaft vermeldet wienerberger, dass seit Gründung der Grundbesitz verdoppelt wurde. Neue Werke werden nicht nur im heutigen Österreich, sondern auch im heutigen Ungarn und Kroatien zugekauft oder gebaut.

1914–1918
Kriegswirtschaft, Rückzug aus Osteuropa

Infolge des 1. Weltkriegs kommt es zu einem kompletten Erliegen der Bauwirtschaft. 1916 kauft wienerberger trotzdem Ziegelwerke und umfangreiche Grundstücke südlich von Wien als möglicher späterer Ersatz für die Gründe am Wienerberg. Nach Kriegsende ist wienerberger gezwungen, alle Auslandsbeteiligungen im heutigen Kroatien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei zu verkaufen.

Auf krisenhafte Zwischenkriegsjahre folgt ab 1947 der langsame Wiederaufbau und ab 1955 ein Bauboom, der bei wienerberger mit der Erweiterung und der Automatisierung von Fabriken sowie dem Bau modernster Tunnelöfen einhergeht.

1919-1936
Krisenjahre und Sanierung

Der Mauerziegelabsatz liegt 1924 nur mehr bei einem Drittel des Vorkriegsniveaus. Trotz massiver Kosteneinsparungen schreibt wienerberger rote Zahlen. Die Schuldenlast drückt auf das Unternehmen. Nur durch einen großen Kapitalschnitt mit anschließender Kapitalerhöhung durch die Creditanstalt sowie den Verkauf umfangreicher Liegenschaften an die Creditanstalt kann sich wienerberger 1934 aus der kritischen Lage befreien. wienerberger kehrt in die Gewinnzone zurück.

1938
Politische Säuberungen, Zwangsarbeit

Die Nationalsozialisten übernehmen 1938 das Ruder. Jüdische Führungskräfte und politisch missliebige Personen werden entfernt und eine dem NS-Regime wohlgesonnene Geschäftsführung eingesetzt. Die Kriegskonjunktur beschert einen nur kurzen Nachfrageschub. Wie in vielen anderen Betrieben werden zwischen 1938 und 1945 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter eingesetzt.

1945
Zerstörung und Wiederaufbau

Ein Großteil der wienerberger Fabriken südlich von Wien sind zum Kriegsende zerstört. Das Unternehmen wird vorübergehend unter staatliche Verwaltung gestellt. Bis 1947 kann die Ziegelproduktion langsam wieder hochgefahren werden. Vor allem die Creditanstalt ermöglicht durch weitreichende Kreditvergaben Investitionen in den Wiederaufbau des Unternehmens.

1949
Werbeplakat
1955
Nachkriegsboom

Die Ziegelproduktion erreicht als Folge des Nachkriegs-Baubooms mit fast 200 Millionen Ziegeleinheiten neue Rekordwerte. Die wienerberger erweitert kontinuierlich Fabriken. Die Automatisierung und der Bau modernster Tunnelöfen beginnt.

1960
Neue Standbeine

Mit der Österreichischen LECA GmbH verbreitert wienerberger seine Geschäftstätigkeit um den Baustoff Blähton. Weitere Tochtergesellschaften, etwa für den Steinzeugvertrieb und später für Beton-Schalungssteine, entstehen. Es folgt die Diversifikation im Fertigteilbau-Sektor.

1967
Verkauf der wienerberger Gründe

Die Gemeinde Wien kauft die wienerberger Gründe am Wienerberg, das gesamte Areal wird zum Stadtentwicklungsgebiet erklärt. Die Ziegelfabriken in Wien werden sukzessive stillgelegt und die Produktion auf andere modernere Werke im Süden Wiens verlagert.

ab 1974
Wirtschaftskrise

Der Ölpreisschock Anfang der 1970er-Jahre leitet eine Phase der Stagnation in der Baubranche ein. Die Rekordproduktion von 400 Millionen Ziegeleinheiten im Jahr 1975 sinkt bis 1977 auf 330 Millionen. Zugleich beginnt die Entwicklung wärmedämmender Ziegel. Trotz Strukturmaßnahmen und Kosteneinsparungen rutscht das Unternehmen 1980 erstmals seit Kriegsende in die Verlustzone.

1980
Innovation, Qualität und Gesamtlösungen

Eine Innovations- und Qualitätsoffensive sowie die Hinwendung zu Gesamtlösungen und modernem Marketing leiten eine neue Ära ein. Die Erfindung des Planziegels Ende der 80er-Jahre gilt als Meilenstein, weil er Material spart und einfacheres Bauen ermöglicht. wienerberger kehrt dank Reorganisation und rigidem Kostenmanagement unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Erhard Schaschl in die Gewinnzone zurück und kauft in Österreich weitere Werke und Immobilien zu.

1986
Internationalisierung, Einstieg in die Kunststoffrohrproduktion

wienerberger übernimmt die Deutsche Oltmanns-Gruppe (Ziegel- und Keramikprodukte sowie Kunststoffrohre). Die damit verbundene Erweiterung des Portfolios auf Kunststoffrohre führt zur Gründung der Pipelife Gruppe.

1989
Weitere Unternehmenskäufe

wienerberger übernimmt die Mehrheit der Treibacher Chemische Werke (Schleifmittel, chemische Produkte) und der ÖAG Gruppe (Sanitär-Großhandel). Mit rund 40 Werken ist wienerberger nun einer der größten Ziegelproduzenten Europas.

1990
Dynamische Internationalisierung beginnt

wienerberger expandiert nach dem Fall des Eisernen Vorhanges rasch nach Osteuropa. In Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Polen und Kroatien werden Ziegelwerke übernommen, modernisiert oder neu gebaut. Über die Treibacher expandiert wienerberger in die USA, in Malaysia wird ein Steinzeugwerk errichtet. Anfang der 90er-Jahre beweist wienerberger Pioniergeist und tritt gemeinsam mit einem lokalen Partner in den chinesischen Markt ein. Später verkauft das Unternehmen seine Anteile an seinen Partner.

1995
Der Aufstieg geht weiter

Durch die Übernahme der Sturm-Gruppe (Frankreich) und der Terca Gruppe (Belgien, Deutschland, Niederlande, Tschechien) wächst wienerberger weiter. Die belgische Koramic Gruppe als Eigentümer der Terca erhält einen 25 Prozent Anteil an wienerberger im Tauschwege. In Österreich übernimmt wienerberger Semmelrock (Beton-Flächenbefestigungen). Es kommen Werke in Italien, Bulgarien, Estland, Finnland, Norwegen, Rumänien und der Schweiz hinzu.

1997–1999
Ende der Diversifikation, Einstieg in den USA

Im Immobilienbereich erfolgt der Verkauf des Business Park Vienna und des Garagengeschäftes WIPARK. Verkauft werden auch die Aktien der Treibacher AG. Mit dem US- Ziegelhersteller General Shale erwirbt wienerberger 1999 den zweitgrößten Vormauerziegelproduzenten der USA und wird dadurch zum echten Global Player. Die Anzahl der Werke weltweit steigt bis zum Jahr 2000 auf über 200 und wienerberger avanciert zur weltweiten Nummer eins im Ziegelbereich auf.

Die letzten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts stehen in erster Linie für eine Politik der expansiven Diversifikation, für den Start in den Weltmarkt und den unaufhaltsamen Aufstieg von wienerberger zum Global Player.

2001
Restrukturierungsphase

Die nachlassende Konjunktur und die Folgen der Terroranschläge im September 2001 zwingen wienerberger zur Durchführung eines Restrukturierungsprogramms. 17 unrentable Werke werden geschlossen. Wolfgang Reithofer wird neuer Vorstandsvorsitzender.

2002–2004
Antizyklische Unternehmensübernahme

wienerberger übernimmt vom britischen Baustoffkonzern Hanson plc alle 23 Ziegelwerke in Kontinentaleuropa. Durch die Gesamtübernahme von Koramic Roofing mit dreizehn Werken werden Dachsysteme zum weiteren Kerngeschäft und wienerberger zur weltweiten Nummer zwei bei Tondachziegeln. wienerberger kauft den drittgrößten britischen Ziegelhersteller thebrick-business.

2005
wienerberger wird Publikumsgesellschaft

Die Bank Austria-Creditanstalt und Koramic Building Products NV verkaufen ihre Aktienpakete. Dadurch wird wienerberger zur Gänze eine Publikumsgesellschaft ohne beherrschenden Großaktionär.

2007-2010
Finanzkrise beendet Akquisitionspolitik

Infolge der von den USA ausgehenden Immobilien- und Finanzkrise bricht die Baukonjunktur auf mehrere Jahre ein. wienerberger zieht bei seinen Expansionsplänen die Bremse. Ein umfassendes Restrukturierungsprogramm wird umgesetzt. Dieses beinhaltet die Schließung von 27 Standorten, die Senkung des Personalstandes von rund 14.000 Mitarbeitern Ende 2008 auf 12.600 im Jahr 2009 sowie ein Programm zur Neupositionierung. Heimo Scheuch ist ab 2009 neuer Vorstandsvorsitzender.

2014
Erfolgreiche Neuausrichtung

Das tiefgreifende Restrukturierungsprogramm wird 2014 abgeschlossen, ab 2015 werden nachhaltig schwarze Zahlen geschrieben. Es erfolgen Arrondierungen bei den Beteiligungen: wienerberger übernimmt die Tochtergesellschaft Pipelife zur Gänze. Zuvor hielt die belgische Solvay Gruppe 50 Prozent der Anteile. Der Kauf der Steinzeug Abwassersysteme ist ein strategischer Schritt zur Verbreiterung des Kerngeschäftes. Bei Flächenbefestigungen aus Beton erhöht wienerberger seinen Einfluss durch die Komplettübernahme der Semmelrock Gruppe.

Zwei Jahre vor dem 200 Jahre Jubiläum verabschiedet wienerberger eine neue Unternehmensstrategie, die im Zeichen von mehr Profitabilität und Effizienz der Organisation steht. Als weltweit aufgestellte Gruppe will man die Abhängigkeit vom Marktumfeld reduzieren und den Weg in die Zukunft aus eigener Kraft bestreiten.

2017-2018
Klare Wachstumsstrategie

Die neue Strategie wird verabschiedet: Sie fußt auf den Bereichen Organisches Wachstum, Operational Excellence sowie Wachstumsprojekte und Portfoliooptimierung. Bei Akquisitionen liegt der strategische Fokus fortan auf margenstarken Unternehmen mit Produkten, die einen besonderen Mehrwert für den Kunden haben. wienerberger setzt auf profitable Geschäftsbereiche und trennt sich in diesem Sinne vom Geschäft für Flächenbefestigungen aus Beton in Österreich. Der künftige Schwerpunkt liegt auf der Erhöhung der Profitabilität und der Steigerung der Effizienz in der Organisation. Der Weg in die Zukunft soll weniger konjunkturabhängig sein.

2019
150 Jahre Börsengang,
200 Jahre wienerberger

wienerberger ist zum größten Ziegelproduzent weltweit, zur europäischen Nummer eins bei Tondachziegeln in Europa sowie zum Marktführer bei Betonsteinen in Zentral-Osteuropa und bei Rohrsystemen in Europa gewachsen. Was 1819 mit dem Erwerb einer staatlichen Ziegelei am Wienerberg begonnen hat, ist zwei Jahrhunderte später ein weltumspannender Konzern mit rund 200
Produktionsstandorten in etwa 30 Ländern rund um den Globus.